Krankheit und Leiden gehören von jeher zu den schwersten Prüfungen im Leben des Menschen. In der Krankheit erfährt der Mensch seine Ohnmacht, seine Grenzen und seine Endlichkeit. Die Gemeinschaft der Kirche hat von ihrem Beginn an – orientierend am Leben Jesu Christi – diese Erfahrungen im Licht des Glaubens gedeutet. In Zeiten schwerer Erkrankungen wird die Krankensalbung gefeiert. Heilung, Stärkung und Bewältigung der schwierigen Situation sind frohe Botschaft dieses Sakramentes, in dem Gott als Freund der Kranken und Jesu heilendes Wirken vergegenwärtigt werden.
Wünschen Sie den Besuch eines Priesters zur Krankensalbung, dann wenden Sie sich bitte an den Priesternotruf 0172-2424277.
Durch Krankheit entwertet?
"Wenn Du krank wirst und nicht mehr so mitkannst, wirst du von den Mitmenschen vergessen ...", klagt ein behinderter Mann, der seine Wohnung nur mehr selten verlassen kann. Vielen wird erst durch den Verlust der Gesundheit bewusst, dass sie begrenzte und vergängliche Menschen sind. Manche fühlen sich durch die Krankheit entwertet. Kein Wunder, dass in vielen Kulturen Krankheit als böser Fluch, als Strafe der Götter oder Auswirkung eines schlechten Karmas gedeutet wird.
Und Jesus?
Von Jesus wird uns erzählt, dass er die Kranken mit ihren körperlichen Schmerzen, aber auch mit ihrer Angst, wertlos zu sein und allein gelassen zu werden, sehr ernst nimmt. Philosophische oder theologische Erklärungen über den Sinn des Leidens hören wir aus seinem Munde nicht, aber er ist den Kranken nahe. Er berührt sie und lässt sich von ihnen berühren. Und seine Nähe macht ihnen Mut. Sie werden aufgerichtet – seelisch und oft auch körperlich. Mit Recht nennt man ihn den "Heiland", den "Heilenden". Und er fordert seine Jünger auf, es ihm gleichzutun.
In seinen Fußstapfen
In der Bibel lesen wir: "Die Zwölf machten sich auf den Weg ... und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie." (Markus 6, 12-13). Das Öl ist dabei ein uraltes Symbol für die Kraft, die von Gott kommt. Mit Öl salbte man im alten Israel Könige und Priester und bei den Griechen und Römern die Ringkämpfer. Könige, Priester, Ringkämpfer ... Sollen nicht auch kranke Menschen wieder ihre königliche Würde, die sie als Söhne und Töchter Gottes haben, neu entdecken, ihre schwierige Situation "priesterlich" auf Gott hin öffnen und sich so zu neuer Hoffnung "durchringen"? Im Jakobusbrief des Neuen Testamentes (zwischen 60 und 100 n. Chr. abgefasst) lesen wir: "Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Presbyter (Priester) der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben." (5,14-15) Was schon zur Zeit der Apostel geschah, tut die Gemeinschaft der Kirche bis heute.
Bis heute
Christliche Liebe zu den Kranken verwirklicht sich auf vielfältige Weise: von charismatischen Heilungen durch besonders begnadete Menschen bis zur medizinischen Behandlung in kirchlichen Spitälern und Ambulanzen (unverzichtbar in vielen sozial armen Ländern), vom schlichten Krankenbesuch bis zur organisierten Hauskrankenpflege, vom Gebet für die Kranken bis zum Bringen der hl. Kommunion ans Krankenbett. Die Liebe zu den Kranken gehört zum Kern des Evangeliums. Ein besonders deutliches Zeichen dafür ist bis heute das Sakrament der Krankensalbung.
Nicht nur "letzte Ölung"
Leider wird die Krankensalbung manchmal nur als "letzte Ölung", die noch schnell vor dem Tod gespendet wird, gesehen. Aber das ist eine Verkürzung ihres Sinnes. Dieses Sakrament soll ja Menschen in ernster Krankheit stärken – und wenn Gott es will – auch körperlich wieder aufrichten. "Daher ist der rechte Augenblick sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Alterschwäche in Lebensgefahr zu geraten", erklärt das letzte Konzil (SC 73). Und der Katechismus der katholischen Kirche ergänzt und führt aus: "Wenn ein Kranker ... wieder gesund wird, kann er, falls er wiederum schwer erkrankt, dieses Sakrament von Neuem empfangen. Im Laufe der Krankheit darf dieses Sakrament wiederholt werden, wenn der Zustand sich verschlimmert. Es ist angebracht, die Krankensalbung zu empfangen, wenn man vor einer schweren Operation steht. Das gleiche gilt für Betagte, deren Kräfte zu versagen beginnen." (KKK 1515)
Hautnah
Sollten wir diesem Sakrament, in dem Gottes Liebe zu den Kranken so "hautnah" gespürt werden kann, nicht wieder mehr Aufmerksamkeit schenken? Die Erfahrung zeigt, dass unglaublich viel Kraft und Frieden von ihm ausgeht. Es hat unzählige Menschen ermutigt und aufgerichtet, unzählige auch gestärkt auf ihrem letzen Weg zu Gott.
(Dieser Artikel erschien in "Neues von Graben", Oktober-November-Nummer 2000)
Aus der Feier der Krankensalbung
Der Priester salbt den Kranken auf der Stirn und auf den Händen mit heiligem Öl. Dabei spricht er: "Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen; er stehe dir bei in der Kraft des Heiligen Geistes: Der Herr, der dich von deinen Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf. Amen".
Vor der Krankensalbung kann die sakramentale Beichte abgelegt werden und im Anschluss daran kann der Kranke, wenn er möchte, die heilige Kommunion empfangen.